Athen und Dostojewski

‚Die Dämonen‘ hatte ich in Nea Michaniona angefangen, in der Neuübersetzung Svetlana Geiers heißt der Roman Dostojewskis ‚Böse Geister‘. Etwa 100 Seiten las ich darin. Dann stellte ich die Lektüre ein, weil er mir in der Ruhe Michanionas geschwätzig vorkam. Einem Freund schrieb ich: ‚Diese hypersensiblen, hochintelligenten, kindlichen Schwadroneure wollen einfach nicht zu meiner Stimmung passen.‘ Aber Dostojewski holt mich in Athen wieder ein. Fast jeden Tag, wenn ich zur Sokratous Strasse gehe, um in einem Tanzstudio die Entstehung eines Stücks zu fotografieren. Auf dem Weg dahin passiere ich den Omonia-Platz, eine Hauptschlagader Athens. Und sehe so viele Geschlagene und Verwirrte, manche hier geboren und in der Krise abgestürzt, andere kommen aus der ganzen Welt. Als ob man die manischen, depressiven, extremen Figuren Dostojewskis auf eine neue Bühne gesetzt hätte. Wo sie jeden Tag eine Aufführung leben müssen.

Pigeon English under the Pictures.

 

When I began my sabbatical year I started reading a novel by Dostojevski but quit it after some time because in the silence I sensed in Nea Michaniona it seemed chatty and hysteric to me. But now, strolling every day around central Omonia Square in Athens, seeing all the beaten, the dazed, the dazzled human beings, some born in Athens and crashed in the ongoing crisis, some coming from abroad, I’ve got the feeling, that the manic and desperate characters of Dostojevskis novels have found a new stage in the real world.

1 Kommentar

  1. Dostojewskis Romane ist wie ein Sumpf. Die sollte man vielleicht nicht unterwegs lesen, denn im Sumpf bleibt man stecken und kommt kaum weg. Oder versinkt gänzlich. Bin gespannt auf deine Weiterreise!

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